Interview Daecheon Lee aus „Where do you come from“, herausgegeben von Galerie Philine Cremer, November 2012


Was wolltest Du als Kind werden, wenn Du groß bist?
Mangazeichner. Meine älteren Schwestern haben Mangas geschaut.

Welchen Ratschlag haben Dir Deine Eltern allzu oft gegeben?
Beide sind Buddhisten. Also nicht gierig zu sein und nicht
haben zu wollen. Nicht an Dingen zu hängen.

Mit welchen zwei Worten würdest Du Deine Generation charakterisieren?
Politisch haben wir ohne Demonstrationen eine Demokratie geschaffen. Politisch aktiv waren aber die Vorgänger. Wirtschaftlich hatten wir eine große Krise mit vielen Arbeitslosen.

Wer ist für Dich ein wahrer Held?
Meine Mutter. Sie ist sehr stark, sie hat viel für unsere Familie aufgegeben.

Würdest Du Musiker sein, in welcher Band wolltest Du spielen?
Rage against the Machine.

Wie siehst Du Dich 2050?
Ich bin dann so alt wie mein Vater nun ist. Ich werde immer noch Maler sein. Dort wo ich in Korea aufgewachsen bin.

Was ist für Dich eine wirklich große Herausforderung?
Ich bin kein Student mehr. Ich muss als Künstler in Deutschland leben und mich als Vater um meine Tochter kümmern.

Wie kommunizierst Du in oder mit Deiner Kunst?
Ich habe einen Plan im Kopf aber mit den ersten Strichen und Farben folgen die nächsten. Es ist keine geplante Kommunikation.

Wen möchtest Du ansprechen?
Niemanden, ich male für mich. Das gibt es nicht in der zeitgenössischen Kunst.

Welches Bild eines anderen Künstlers zieht Dich immer wieder an?
Tal Rs Bilder.

Du bist in den 70ern in Korea aufgewachsen, wie hat Dich Dein Umfeld geprägt?
Ich bin in einem kleinen Dorf am Meer und mit viel Wald geboren. Eine reine Natur der Vorstellung. Ich habe viel Zeit am Meer verbracht. Den ganzen Tag am Meer gesessen. Mit Freunden gejagt.

Du lebst nun schon seit einigen Jahren in Deutschland, was ist für Dich die größte Herausforderung?
Sprache und Kultur. Ich kann nicht tief in die Gesellschaft hineingehen. Wir fühlen uns damit manchmal einsam. Aber ich bin in Berlin zufrieden. Damit habe ich viel über meine Identität nachgedacht. Ich habe viel über europäische Kunst- geschichte gelernt.

Was vermisst Du, wenn Du nicht in Korea bist?
Familie, Essen, das Meer, die Tempel und Berge. Viele Dinge.
Was schätzt Du, wenn Du in Deutschland arbeitest?
Stilistische und gedankliche Einflüsse.

Du hast an koreanischen und deutschen Universitäten studiert, was war für Dich persönlich der fundamentale Unterschied in der Lehre?
Eigentlich gibt es keinen großen Unterschied. Der Lehrplan ist sehr stark an dem europäischen Kunstcurriculum ausgerichtet. In Korea hat der Professor mehr auf das große Thema geachtet. Hier in Deutschland ist es persönlicher. In Korea gibt es weniger Diskussionen. Ich schätze die Diskussionen hier sehr. Unsere Generation ist eine Generation des Übergangs. Sie ist modernisiert. Davor war es viel traditioneller und technikorientierter.

Welcher Teil der künstlerischen Ausbildung überwiegt in Deiner Kunst?
Es fließt ständig beides ein.

Auf welche traditionell koreanischen Elemente greifst Du am liebsten zurück?
Ich mag den Humor, beispielsweise in der Malerei der Alltagsszenen. Der Humor ist in der koreanischen Malerei stark ausgeprägt.

Was ist für Dich die Herausforderung in der gegenständlichen Malerei?
Mein Ziel ist es die abstrakten und figurativen Elemente zusammen zu bringen und zu einer neuen Geschichte zusammen zu führen. Mir ist es egal ob abstrakt oder figurativ, ich kann beide Elemente spielen. Es ist also keine Herausforderung.

Du spielst intensiv mit der Beziehung von Mensch und Natur, welche Rolle spielt hier Deine Heimat?
Die koreanische Natur ist nicht mehr das Modell meiner Natur. In den letzten fünf Jahren ist viel zerstört worden. Es gab die Flussprojekte und in meinem Heimatdorf steht nun ein Atomkraftwerk.

Was bedeutet Natur in Deinem Alltag in Berlin für Dich?
Ich fahre oft an die Ostsee. Aber die Form der Natur ist eine andere. Ich habe oft Sehnsucht.

Deine Malerei greift vielfach auf mystische Geschichten zurück, welchen Reiz übt diese Thematik auf Dich aus?
Mich interessieren die Vorstellungen der Menschen. Der Humor in ihren Geschichten. So habe ich ursprünglich die Elemente in die Bildwelt gelotst. Der Ursprung der Sagen beruht auf der Angst der Menschen vor dem Unbekannten.